Ausstellung im Museum für Neue Kunst in Freiburg, bis zum 13. September 2020
Von Christiane Grathwohl
Es gilt eine Künstlerin zu entdecken, die fast 40 Jahre weitgehend in Vergessenheit geraten ist. Das Museum für Neue Kunst in Freiburg hat es sich zur Aufgabe gemacht für Abhilfe zu sorgen und nach dem langen Dornröschenschlaf, das Werk der Bildhauerin Priska von Martin wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken.
Geboren wurde die Künstlerin 1912 in Freiburg und ihrer Geburtsstadt hat sie testamentarisch ihren künstlerischen Nachlass vermacht. Die längste Zeit ihres Lebens verbrachte sie in München, wo sie 1982 durch Freitod verstorben ist. Dort hat sie als eine der wenigen Frauen an der Akademie der Bildenden Künste in den dreißiger Jahren Bildhauerei studiert und dort hat sie ihren Mann und lange Zeit auch Lehrer, den Bildhauer Toni Stadler, kennengelernt. Er war 24 Jahre älter als sie und lebenslang erheblich erfolgreicher. Lange fühlte sie sich als seine Schülerin und erst mit zunehmenden Jahren hat sie sich freigeschwommen. Besonders mit den sensiblen Tierplastiken, die sie in den 1950er Jahren schuf, erhielt sie umfangreiche Anerkennung, so 1958, als sie mit dem Förderpreis für Bildende Kunst der Landeshauptstadt München ausgezeichnet wurde.
Pferde und Rentiere waren ihre bevorzugten Motive. Im Rentier hat sie ihren „Seelenbruder“ gesehen und das Pferd als ältester Begleiter des Menschen, war ihr von Kindesbeinen an vertraut. Der nahe Umgang, die Vertrautheit mit den Tieren in ihrer Kindheit und Jugend floss in ihre späteren, meist aus Wachs modellierten, kleinformatigen Reiterfiguren ein. Im Wachsausschmelzverfahren wurden die Skulpturen in Bronze gegossen, oft nur wenig geglättet und kaum mit der Punze nachbearbeitet.
In den 60er Jahren folgte eine abstrakte Phase und eine Lust am Experimentieren. Die schablonenartigen „roten Mädchen“ entstanden, von denen heute nur noch Fotografien existieren. In ihrem letzten Lebensjahrzehnt wandte sie sich wieder dem Thema zu, das sie bereits als Studentin hauptsächlich bearbeitet hatte: der weibliche Körper. Als Kniefigur, mit und ohne Kopf, teilzerstört, mit Schrunden und Schrammen, aber auch in makelloser Glätte und Vollkommenheit. Im weiblichen Körper spiegelte sich für sie das ganze Spektrum der menschlichen Existenz. Die Verletzlichkeit und Verlorenheit ebenso, wie die Würde und Schönheit des Lebens.
Neben den Skulpturen werden in der Ausstellung Papierarbeiten gezeigt, die Priska von Martin in grosser Bandbreite geschaffen hat. Farbintensive Zeichnungen, Collagen und Aquarelle, aber auch Atelieraufnahmen, Schnappschüsse, private Fotos und Kontaktabzüge, die sie teilweise als Arbeitsmaterialien verwendet hat, sind zu betrachten. So kann eine Künstlerin wiederentdeckt werden, die sich in der Männerdomäne der Bildhauerei – zu ihren Lebzeiten zwar im Hintergrund – aber dennoch mit eindringlicher Stimme bemerkbar gemacht hat. Es lohnt sich ihr Werk kennenzulernen, das ausserdem erstmalig in einem sehr gelungenen Katalog umfassend dokumentiert wird.
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