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IM GESPRÄCH MIT CHRISTINA SURER

Aktualisiert: 23. Sept. 2020

Als Autorennfahrerin, Model und Sportmoderatorin ist Christina Surer bekannt geworden. Heute findet sie neue Action-Herausforderungen im Taekwondo und pflegt das Familienleben im bayrischen Rosenheim — auch mit Basler Kinderliedern.



Von Michèle Faller

Einen Interview-Termin festzulegen, erweist sich als erstaunlich einfach. «Tomczyk», meldet sie sich am Telefon. Kurze Verunsicherung, denn ist es nun unhöflich, sie mit «Guten Tag, Frau Surer» zu begrüssen? Beides sei in Ordnung, wie sie freundlich sagt, und wenig später hat sie sich bereits mit «Christina» vorgestellt. Dieser unkomplizierte und lockere Beginn der Begegnung ist ein Vorzeichen für das Kommende und scheint bezeichnend für die ganze Persönlichkeit der bekannten Baslerin.

Das ist nicht selbstverständlich, denn die Liste von Tätigkeiten, Auszeichnungen, Enga- gements und Erlebnissen, die Christina Surer mit erst 46 in ihrem Lebenslauf aufführen kann, ist lang. Medizinische Praxisassistentin, Model, Miss-Schweiz-Finalistin, Rennfahrerin, Fernsehmoderatorin, Botschafterin des Schweizerischen Roten Kreuzes, Familienfrau und Mutter, Rennfahr-Instruktorin — und das ist noch nicht mal alles. Nicht nur zahlreiche Autorennen ist die Frau mit der fröhlichen Ausstrahlung gefahren, sondern sie hat auch bei diversen TV-Shows und Sportarten mit reichlich Spassfaktor und Kuriositätenflair Mut und Humor bewiesen. So nicht zuletzt bei Stefan Raabs Stockcar Crash Challenge von 2005 bis 2007 und bei den Wok-Weltmeisterschaften, bei denen die asiatische Pfanne als eine Art Bob eingesetzt wird. Bei der 5. Wok-Weltmeisterschaft in Innsbruck gewann sie 2007 als Beifahrerin eines 4er-Woks sogar den Weltmeistertitel.

Fondue in Oberbayern

Heute lebt die vielseitige Baslerin im oberbayrischen Rosenheim, ist mit Martin Tomczyk verheiratet und Mutter der siebenjährigen Emily und des fünfjährigen Lio. Wer nun denkt, das beschauliche Familienleben passe nicht so ganz zu der abenteuerlustigen Frau, wird eines Besseren belehrt. Überhaupt, was heisst schon beschaulich, wenn man mit einem Rennfahrer liiert ist, zwei kleine Kinder hat und weiterhin berufstätig ist? «Ich fühle mich sehr wohl hier und habe ein tolles Umfeld», sagt Christina Surer auf die Frage, ob allenfalls manchmal Heimweh nach der Stadt am Rheinknie aufkomme. Und nach kurzem Innehalten: «Ja, ich bin hier zu Hause.» Die Landschaft mit den Seen und Bergen und auch die Mentalität seien der Schweiz übrigens gar nicht so unähnlich. «Aber hier in Bayern wird noch ein bisschen mehr gefestet!» Allerdings weiss Christina Surer die exakte Kilometerzahl zwischen Rosenheim und Basel, ohne überlegen zu müssen, nämlich 470 Kilometer. Und sie räumt lachend ein: «Ich bin eine richtige Heimwehschweizerin geworden.» Jedes Mal, wenn jemand aus der Schweiz zu Besuch komme, schicke sie vorher eine Einkaufsliste. Schokolade, Käse, Mocca- und Haselnussjoghurt, Ragusa und Rivella stehe dann dort drauf. «Das brauche ich ab und zu — und hin und wieder ein Fondue.»

Beruhigend, diese Schweizer Wunschliste, denn ansonsten könnte einem die so hübsche wie sympathische Frau fast zu perfekt erscheinen. Sie berichtet nämlich nicht nur von ihrer Schwäche für die Schweizer Vorzeigeprodukte, sondern auch vom Effekt des Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie: viel Sport und der Wandel zur Vegetarierin. Auch ihr Mann habe bis drei Mal wöchentlich mit einem Radprofi trainiert und sei zuerst auf die fleischlose Ernährung umgestiegen.

Beruflich gesehen war die Zwangspause natürlich nicht ideal. Sowohl ihr Mann wollte nach der Winterpause Vollgas geben als auch sie selber hatte geplant, wieder voll durchzustarten, jetzt, wo die Kinder etwas grösser sind. «Aber mein Gott, andere trifft es härter», stellt sie sofort klar. Sie hätten genug zu essen, einen Garten und seien alle gesund. «Das ist ja nicht bei allen so!» Als Familie sei es sogar eine schöne Zeit gewesen, mit Spielen, Malen, Ausflügen oder auch mal einem Picknick im Garten. Fast mehr Mühe habe ihr bereitet, als die Schule wieder losging. «Ich liess meine Kinder in eine neue Welt, von der das Coronavirus ein Teil ist — ohne bei ihnen zu sein.»


Überhaupt hat das Muttersein das Leben der Rennfahrerin und Moderatorin natürlich stark verändert. Vorher habe sie voll gearbeitet und 250 bis 270 Tage pro Jahr in Hotels verbracht — und nicht eine Woche am Stück. Mit einer Familie sei das natürlich unmöglich. Die Auszeit der letzten Jahre habe sie gebraucht und jetzt sei sie glücklich, dass mit den Kindern alles gut gehe. «Heute habe ich schon drei Tage vorher Bauchweh, wenn ich einmal wegmuss!» Trotzdem betont sie, «megaglücklich» mit ihrem bisherigen sehr intensiven Leben zu sein.


Das Glück nicht herausfordern

Ihr letztes Rennen fuhr sie 2012 am Nürnberger Norisring im Seat Leon Supercopa. Wieder Autorennen zu fahren, reizt sie zwar schon sehr, aber zum Wohle der Familie lehnte sie bisher bei Anfragen immer wieder ab. Nicht nur aus Zeitgründen, sondern auch, weil ihr noch der Unfall vor fünf Jahren in den Knochen sitzt, bei dem sie sich einen Rückenwirbel brach und knapp am Rollstuhl vorbeischrammte. Der Unfall passierte zwar nicht in einem Rennwagen, sondern während einer Fernsehshow, doch Christina Surer sagt: «Ich hatte sehr viel Glück und ich möchte es nicht noch einmal herausfordern.» Moderieren wird sie aber auf jeden Fall wieder. Im Automobilbereich, aber auch People-Geschichten und Charity-Events interessieren die anpassungsfähige Frau, die unter anderem die Deutsche Tourenwagen-Masters (DTM) moderierte. Die letzten Anfragen für Fernsehauftritte sagte sie aber entweder wegen nicht familienkompatiblem Aufwand ab — oder aber die Projekte selber sind coronabedingt abgesagt worden.


Bis dies wieder mehr anlaufen wird, dreht die Vielbegabte mit dem ansteckenden Lachen natürlich nicht Däumchen. Einen Tag vor dem Interview absolvierte sie eine Taekwondo-Prüfung. Den gelb-grünen Gürtel hat sie jetzt, «Mission Black Belt» ist das Motto der Kampfsportschule — womit keine Fragen mehr offen sein dürften. Die Sportart schaute sie von ihrer Tochter ab, die schon ein Jahr länger dabei ist und Bretter durchschlägt. Und sogar der kleine Sohn dürfe sich nun schon an die ersten Brettchen wagen.


Ein weiteres Beispiel dafür, wie sich Christina Surer immer wieder neu erfindet — aber natürlich ohne ihre Wurzeln zu vernachlässigen. Mit ihren Kindern spricht sie auch Ba- seldeutsch und singt Basler Lieder. Mit ihrem Mann, der zwar fünf Jahre mit ihr in Basel lebte, allerdings Hochdeutsch. «Ausser wenn es ganz schnell gehen muss — dann ist aber meistens nicht so gut!», berichtet sie lachend. In Basel, wo sie noch eine Wohnung hat, spaziert sie über die Mittlere Brücke und zum Münster hoch, joggt an der Birs wie früher oder macht einen Abstecher in die «Walliser Channe». Und sie besucht ihre Familie und insbesondere ihren Vater — der sie früher auf dem Motocross-Töff mitnahm, von dem sie wohl das Rennfahrer-Gen geerbt hat, und mit dem sie bis heute sehr eng verbunden ist.

Auch die anstehende Ferienreise führt nicht nur an die französische Riviera und an den Comersee, sondern auch in die Schweiz. Christina Surer lächelt. «Ein bisschen ‹Back to the roots›.»



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