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IM GESPRÄCH MIT ALEXANDRA DILL

Alexandra Dill, Co-Geschäftsleiterin der Basler Markthalle, liebt Basel, Sport und ihren Kräutergarten und balanciert mit gutem Gleichgewichtssinn zwischen Arbeit, Politik und Familie.



Von Michèle Faller

Unter der grossen Kuppel ist Leben. Der Duft von Kaffee und Gebäck und jener eines Currygerichts liegt in der Luft, ohne sich gegenseitig zu stören. Genauso verhält es sich mit den unterschiedlichen Ständen, Restaurants und Läden. Unter einem Hai aus Papiermaché schwimmen wesentlich kleinere Fische in einem Aquarium und Austern und Tintenfische liegen auf Eis. Neben dem Fischgeschäft befindet sich das «Bierrevier» und unweit davon ein Stand, der wohlriechende afghanische Speisen anbietet. Über der einsehbaren Box inmitten der Tische und Bänke, an denen die Leute sitzen und wo gerade ein Junge mit einem Trottinett vorbeiflitzt, prangen die Lettern «Wohnzimmer». Tatsächlich passt diese Bezeichnung sogar zum ganzen Raum: Trotz seiner Grösse hat er eine wohnliche Gemütlichkeit.


Mittendrin, vor dem Café Finkmüller, sitzt Alexandra Dill mit einem Laptop auf dem Schoss. Sie ist Personal- und Kommunikationsverantwortliche der Markthalle in Basel, wo 46 Foodanbieter, Läden und regelmässige Marktstände ihre kulinarischen Dienstleistungen anbieten. Das 1929 errichtete Gebäude wurde bis 2004 für den Marktbetrieb genutzt. Nach der Schliessung des Grossmarkts stand es ein paar Jahre lang leer und wurde schliesslich zum Shoppingcenter umfunktioniert. Seit Oktober 2013 geht es unter dem Gewölbe der Achteckkuppel wieder ums Essen und Trinken: Die alte Markthalle wird wieder als Markthalle, als Ort der Verpflegung und ausserdem als Veranstaltungsort genutzt. Und zwar sehr erfolgreich, wie die vielen Menschen und das wachsende Angebot beweisen.



«Ich war da früher nie drin – nur vornedran. Als Teenie, im Passfotoautomat», sagt die 37-Jährige mit den blonden Locken lachend. Das änderte sich vor gut sieben Jahren, als Alexandra Dill Teil der sechsköpfigen Projektgruppe wurde, die wieder Lebensmittel an den Ort des einstigen Grossmarkts bringen wollte. «Neu sollte die Markthalle nicht nur einmal wöchentlich für wenige Stunden, sondern länger und für alle offen sein.» Am die Silhouette der Stadt prägenden Ort sollte nichts weniger als Raum zum Leben für die Basler Bevölkerung entstehen.



Von Schlips bis Birkenstock



Dass dies gelungen ist, zeigte sich vom Ansturm bei der Eröffnung bis zum langsa- men und noch nicht abgeschlossenen Wachstum. Seit dreieinhalb Jahren sichert ein langfristiger Mietvertrag den Fortbestand des anfangs befristeten Projekts. «Wir haben keine Zielgruppe», erklärt Alexandra Dill Idee und Erfolgsrezept. Daher hätten alle, ob im Schlips oder in Birkenstock-Sandalen, gleich stark das Gefühl, es sei ihre Markthalle. Auch für die Gastrobetriebe sei der Einstieg niederschwellig und für Startups von Vorteil, denn die Anbieter müssten sich dank des Konzepts der Markthallen AG Basel weder ums Putzen von Tischen noch um den Einkauf von WC-Papierrollen kümmern. «Wir setzen auf frisches Essen, regionale Produkte und das Multikulturelle», vertieft die Co-Geschäftsleiterin und erzählt davon, was gutes Essen alles vermag. «Man gibt sich einem Thema sinnlich hin und gewinnt so einen anderen Zugang. Während uns etwa via Fernsehen mehrheitlich negative Nachrichten über Afghanistan erreichen, können wir hier mit einer afghanischen Mahlzeit eine positive Seite dieses Lands kennenlernen.» Essen und Trinken seien für sie auch schon vor diesem Job sehr wichtig gewesen, stellt die junge Frau fest und berichtet schmunzelnd vom eigenen Bekanntheitsgrad bei den Müttern ihrer Schulkameraden. «Endlich ein Kind, das alles mag und alles isst!», habe es damals geheissen. Auch heute noch gehören die Tastings mit neuen Bewerbern für Standplätze zu ihren liebsten Arbeitsaufgaben.



Auch die Lebensmittelproduktion hat Alexandra Dill schon immer interessiert. Am Gymnasium und während des Studiums der Medienwissenschaften, Soziologie und Philosophie sei sie ein grosser Fan des Detailhandels gewesen. Deshalb habe ihr da- maliger Freund seinen Kollegen, die fragten, was sie mit diesen Studienfächern einmal anfange, immer gesagt, sie werde mal Chefin der Migros. Alexandra Dill lacht: «Und nun bin ich Chefin des Engros!» Während des Studiums arbeitete sie als Journalistin, als Fitnesstrainerin und im Sportmuseum Schweiz in Basel, das sie später auch eine Zeit lang leitete. «Ich bin vielseitig interessiert», so die Erklärung, und diese Jobs seien für sie mindestens so wichtig gewesen wie die Ausbildung selber. So habe sie gelernt, Verantwortung zu übernehmen und Verschiedenes unter einen Hut zu bringen.


Heute baut die Unternehmerin selber Gemüse und andere Pflanzen an, sammelt Wildkräuter und hat stets eine Rebschere dabei. Beim Stichwort Kräuter geht ein Strahlen über ihr Gesicht. «Ich heisse ja Dill und das ist der perfekte Name für mich», stellt sie klar. Und fährt dann mit verschmitztem Lächeln fort: «Deshalb wusste ich, als ich meinen Mann kennenlernte: Den muss ich heiraten und dann seinen Namen annehmen!» Mit ihrem Mann, der auch in der Geschäftsleitung der Markthalle ist, hat sie drei Söhne zwischen drei und sieben Jahren und drei Stiefkinder.



«Ich fühle mich sehr verbunden mit Basel»



Der bereits erwähnte Sport ist immer noch sehr wichtig. Die Tochter eines Sportpädagogen und Polysport-Verfechters fuhr Inlineskates, machte Orientierungslauf, tanzte. «Ich glaube, das ‹poly›, das viele, entspricht meiner Persönlichkeit.» Und nicht nur im Sport, denn die umtriebige Geschäfts- und Familienfrau politisiert zudem seit drei Jahren im Grossen Rat. Für sie eine willkommene Ergänzung und zugleich wichtige Aufgabe als Kantonseinwohnerin. «Ich fühle mich sehr verbunden mit Basel», betont die in Seltisberg Grossgewordene und schwärmt von ihrer ersten Wohnung in Kleinhüningen und den tollen Angeboten für Familien in der Stadt. Ihre vielseitigen Tätigkeiten erklärt sie so: Am Tag bei der Arbeit sei sie am Brustschwimmen, am Abend mit den Kindern sei Rückenschwimmen dran und in der Politik dann Crawl. «Ich bin immer am Schwimmen! Aber die Varianz gibt Entspannung.»


Gedanken über die Zukunft beziehen sich einerseits auf den Traum einer Markthalle auf zwei Etagen und auf die Pläne einer neuen Lüftung. Auf persönlicher Ebene wählt Alexandra Dill wieder eine Sportmetapher: Ihr 37. Geburtstag sei für sie ein Wendepunkt gewesen. Lange habe sie das Gefühl gehabt, Zuschauerin zu sein und jetzt versenke sie selber Bälle auf dem Spielfeld. «Ich weiss nicht, wo es den Ball hintreibt und wie lange ich dieses Spiel noch spiele.» Sie habe aber keine Eile und geniesse ihre Arbeit und die Zeit mit den Kindern und ihrem Mann. Früher habe sie gedacht, das Leben sei noch lang, das denke sie heute nicht mehr, sagt die lebhafte Frau mit einem Lächeln. «Ich glaube, das Alter ist schön. Je länger ich lebe, desto toller wird es und desto mehr werde ich mich selber.»


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