Nicht jede ist mit wild-natürlichem Haarwuchs à la Cara Delevingne gesegnet. Diese Frauen wünschen sich – dem Trend entsprechend – ihre Augenbrauen mithilfe von Farbpigmenten zu verändern. Doch hier ist füchsische Vorsicht geboten.
Foto: Quelle: elle.de
Von Diana Fischer
Wenn man also mit dem «Naked-by-Nature-Look» nicht zufrieden ist und es sich obenrum eben «wilder» wünscht, stehen einige Möglichkeiten zur Auswahl, je nach Bedürfnis und Ausgangslage der naturgegebenen Brauen. Wir haben die Qual der Wahl zwischen geduldig hoffnungsvollem Verwenden wachstumsanregender Seren, täglich zermürbendem Zeichnen mit Stift oder Pinsel und Puder, der kurzlebigen Variante der Henna-Bemalung und dem langsam verblassenden Microblading bzw. Permanent Make-up (PMU). Bevor man sich jedoch für eine Technik und eine Künstlerin bzw. einen Künstler entscheidet, sollte man sich bestens erkundigen, denn was einmal unter der Haut ist, lässt sich abends nicht einfach wieder abschminken.
Seit circa 2014 erlebt die PMU-Branche einen regelrechten Augenbrauen-Boom. Es wird zunehmend mit einer «höchst natürlichen, modernen und innovativen» Technik geworben: dem Microblading. Versprochen werden äusserst fein verlaufende Härchen mit natürlichem Schwung, die kaum von den eigenen unterschieden werden können. Die Prozedur sei absolut schmerzfrei, daher angeblich auch völlig anders als die herkömmlich bekannte maschinelle PMU-Pigmentierung. Es garantiere zudem innert 12 bis 18 Monaten ein Verblassen ohne Rückstände. In der Werbung ist oftmals gar die Rede von «3D-Augenbrauen» oder sogar «6D-Augenbrauen».
Meine Erfahrung
Glücklicherweise ist dieser manuelle Technik rückläufig, da Microblading nur bei einem wenig verbreiteten Hauttyp funktioniert. In meiner 22-jährigen Tätigkeit als Make-up-Artist und PMU-Stylistin habe ich erst ein einziges schön abgeheiltes Microblading-Ergebnis gesehen! Alles andere waren durchs Band Ergebnisse von undefinierbar fleckigen Flächen.
Weit und breit keine versprochenen feinen Linien, keine Perfektion, keine Natürlichkeit. Hingegen viele verzweifelte Frauen mit verunstalteten Augenbrauen, die sie jeden Tag in ihrem Gesicht zur Schau stellen müssen. Das tut weh. Eine Korrektur kostet viel Geld, bedenkt man die Ausgaben für das ursprüngliche Bladen, mehrmalige Remover-Prozeduren und abschliessend schöne Korrekturarbeit, wenn das «Opfer» überhaupt noch einmal Vertrauen und Mut aufbringt, abgesehen von der dafür erforderlichen Zeit und Geduld.
«Microblading» – die Fakten
Microblading und das maschinelle Permanent Make-up haben gemeinsam, dass beide semi-dauerhaft Pigmente in die Haut einbringen. Der Unterschied: Bei Microblading handelt es sich um eine uralte asiatische Tätowier-Technik von Augenbrauen, die durch den sehr günstigen Materialverbrauch vorwiegend in ärmeren Regionen Asiens angewendet wird. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass die asiatische Haut sich drastisch von der europäischen Haut unterscheidet. Asiaten haben eine überwiegend gefässarme, stramme Haut, die europäische Haut hingegen ist gefässreicher und das Bindegewebe lockerer. Die beiden genetisch völlig verschiedenen Hautarten reagieren dementsprechend anders auf das Einbringen von Pigmenten und heilen aus diesem Grund auch unterschiedlich. Dies hat sich in meiner Arbeit wiederholt bestätigt: Beim Pigmentieren asiatischer Haut verbrauche ich statt einer meist zwei bis drei Nadeln, da die auffällig feste Haut die Nadeln nach kurzer Zeit stumpf werden lässt.
Die englische Bezeichnung Microblading bedeutet «Mini-Schnitte», was die Behandlung auf den Punkt genau beschreibt. An einem Stab befestigte spezielle «Blades» (viele aneinandergereihte feine Nadeln) werden in das Pigment eingetaucht und anschliessend durch sanftes Ritzen in die Haut eingebracht. Zur Intensivierung wird das Pigment anschliessend grosszügig und flächig als «Maske» auf die verletzte Haut aufgetragen und einmassiert.
Genau betrachtet:
Beim maschinellen Permanent-Make-up werden Pigmente in die Dermis (Lederhaut) implantiert. Dies ist die mittlere Hautschicht, die sich zwischen Epidermis (Oberhaut) und der Subcutis (Unterhaut) befindet. Um dorthin zu gelangen, muss also die Epidermis überwunden werden. Wenn wir mit einem elektrischen Pigmentier-Gerät arbeiten, geschieht Folgendes: Die Nadel sticht durch konstantes rein und raus die Haut mehrere tausend Mal pro Minute. Auf diese Weise gibt sie mit jedem Einstich Pigmente bis in die Dermis ab.
Die Haut wird quasi flächig «perforiert».
Was geschieht denn anders beim manuellen Microblading? Die Haut wird wie mit einem Skalpell bis in die Dermis geschnitten und in diesen Schnitt werden Pigmente eingebracht. Wir wissen, dass ein Schnitt eine Verletzung mindestens der oberen Hautschichten ist, gefolgt von Lymph- und Blutaustritt sowie Narbenbildung. Wird die Haut nach einer OP beispielsweise nicht genäht, heilt die Wunde unter Narbenbildung, weil der natürliche «Rettungskit» der Haut an der Stelle der Wunde neues Bindegewebe bildet. Durch zu tief geschnittenes MICROblading entstehen also folglich MICRO-Narben.
Geworben wird unter anderem also damit, dass das Schneiden der Haut durch eine Klinge schmerzfrei sei und nicht blutet. In der Dermis befinden sich bereits Kapillaren, also «lympht» die Haut zumindest und «blutet» teils auch leicht. Würde man nur bis in die Epidermis arbeiten, verschwände das Pigment bereits nach circa 30 Tagen wieder, was dem Erneuerungszyklus unserer Oberhaut entspricht.
Wie natürlich wirkt Microblading?
Es werden fein eingeritzte, täuschend echte Härchen versprochen. Geworben wird mit meist wunderschönen, ansprechenden Fotos – aufgenommen direkt nach der Behandlung. Ich muss gestehen, dass diese oftmals wirklich sehr natürlich aussehen, und hier ist auch schon der Haken: Erst das nach einigen Wochen abgeheilte Ergebnis sagt etwas über das End-Resultat aus. Denn direkt nach der Behandlung reagiert die verletzte Haut mit natürlichem «Zusammenziehen» und die frisch geritzten Linien sehen wunderschön fein aus. In der anschliessenden Heilungsphase geschieht jedoch Folgendes: Die Schnitte verheilen und die eingebrachten Pigmente migrieren in der europäisch-öligeren Dermis. Durch dieses «Verschwimmen» erscheinen die ursprünglich so fein gezeichneten Linien nun viel dicker. Wenn zusätzlich besonders tief gearbeitet wurde und es bei der Behandlung richtig blutet, vermischen sich die eingebrachten Pigmente teilweise mit dem Häm (eisenhaltiger Farbstoff der roten Blutkörperchen) und lagern sich dauerhaft in der Dermis ab. Das ist auch der Grund für die bläulich-gräuliche Farbe der Härchen, die ich sehr oft nach Microblading-Behandlungen zu sehen bekomme.
Es braucht eine ausgesprochen ruhige und dementsprechend eingeübte Hand, um gleichmässig schöne Linien oberflächlich in konstant gleicher Hauttiefe zu ziehen. Da dies eher selten der Fall ist, entstehen als Folge nach der Abheilung unruhige, gebrochene Punktlinien, da die Pigmente eben unterschiedlich tief in Epidermis, Dermis und oft leider sogar noch tiefer in der Subcutis landen. Es wird versprochen, dies in einer Nachbehandlung anzupassen. Leider verschlimmert dies die Situation meist noch, da es äusserst schwierig ist, die vorhandene bereits vernarbte Linie noch einmal genau mit der Klinge zu treffen. Oft entstehen dadurch neue, parallele Linien der gleichen Qualität und somit noch mehr Narben.
Vollständiges Erblassen
Permanent-Make-up ist wie erwähnt eine semi-dauerhafte Einbringung von Pigmenten in die Derma-Schicht der Haut. Es spielt dabei keine Rolle, mit welcher Methode dies geschieht – sobald die Pigmente in der Dermis landen, bleiben sie für eine gewisse Zeit auch dort.
Das Verblassen der Pigmente ist dabei sehr individuell und je nach Hauttyp und Lebensweise von mehreren Faktoren abhängig: Stoffwechsel, Sonnenbestrahlung, Peelings, Ernährung, Rauchen, Hormone, Medikamente. Alles spielt eine Rolle. Man kann sagen, dass Pigmente durchschnittlich ein bis fünf Jahre in der Haut verweilen. Sind die Pigmente zu oberflächlich implantiert, verblassen sie innerhalb von einem Monat, da sich die Epidermis ständig erneuert. Sind sie zu tief eingebracht, so wird die Haut sie nur mittels Laser oder anderen Entfernungsmethoden wieder los.
Als der Trend Microblading aufkam, schossen Zwei-Tages-Gruppenseminare wie Pilze aus dem Boden. Es erschien als grosse Chance, das schnelle Geld zu machen. Da der Beruf der PMU-Stylist(in) bis heute nicht geschützt ist, kann praktisch jede(r) bereits nach zwei Tagen Gruppenseminar an Kundinnen und Kunden arbeiten und gar andere «weiterbilden». Wie soll da verantwortungsvolles Arbeiten gewährleistet sein? Für mich ist dies in keinster Weise nachvollziehbar. Eine professionelle und fundierte Einzelausbildung zur Permanent-Makeup-Stylistin dauert einiges länger und bedarf inkl. der Grundausstattung eine mehrfach höhere Investition. Zum Vergleich: Um beispielsweise (Vitamin-)Spritzen zu verabreichen, muss man mindestens eine mehrjährige Pflege- oder Heilpraktiker-Ausbildung mit eidgenössischer Prüfung abschliessen.
Mein persönlicher Tipp
Die immer beliebtere «Powder-Brow» funktioniert bei jeder Haut und erzeugt die natürlichsten Ergebnisse. Bei auffällig lückenhafter Voraussetzung können mittels einer Nano-Nadel auch maschinell ein paar feine Härchen hinzu pigmentiert werden. Wichtig ist, sich sorgfältig zu informieren und sich nicht durch «unwahre» Fotos blenden zu lassen. Die beste Referenz ist immer die 1:1 Ansicht in Realität. Gefällt einem, was man in echt sieht, ist die Ursprungs-Quelle sicherlich eine professionelle Adresse. Seriöse, erfahrene PMU-Stylistinnen klären stets offen auf, zeigen ehrliche abgeheilte Ergebnisse und haben aggressives Werben nicht nötig. Wenn individuell auf Sie eingegangen wird, können Sie beruhigt auf deren Liegen relaxen und ihnen Ihr Gesicht anvertrauen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen wohlbedachte Entscheidungen, ein glückliches Lächeln und natürliche Schönheit!
Beispiel 1 Beispiel 2
Schlecht abgeheilte Folgen von Microblading-Behandlungen.
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